Stativ aufbauen und Kamera klar machen. Beleuchtung setzen und Mikrophon ausprobieren. Wenn alles eingerichtet ist, kommt der schwierige Moment: die ersten Worte in die Kamera sprechen. Wenn die gesagt sind, wird es einfacher — die Hemmschwelle ist für’s erste genommen! Die Aufregung ist auch nach der siebenten oder achten Gottesdienstaufnahme noch immer da. Es fühlt sich eigenartig an, alleine in einer Kirche zu stehen und als Gegenüber nur die Technik zu haben. Warum mache ich das eigentlich? Als am Beginn der Sommerferien wieder Gottesdienste in unserer Kirche stattfinden konnten, wurde schnell klar, dass nicht alle kommen können, die gerne kommen würden. Zu hoch ist das Risiko für die Gemeindeglieder, die gesundheitlich ohnehin angegriffen sind und für die eine Corona–Infektion hoch gefährlich wäre. Sollten wir vielleicht die Gottesdienste in der Kirche live streamen? Technisch zu anspruchsvoll — das schaffen wir noch nicht. Und außerdem: was ist das für ein Gefühl, am Bildschirm einen Gottesdienst zu verfolgen, den andere feiern und bei dem man quasi „Zaungast“ ist.
Im Gespräch mit Matti wird uns klar, dass es über den Sommer einen wöchentlichen Videogottesdienst geben soll. Vorher aufgezeichnet und dann am Computer bearbeitet. Agnes nimmt an der Orgel und am Klavier kurze Musikstücke auf, die wir in die Videos einfügen können. Einige Chormitglieder kommen zusammen, um Choräle zu singen — auch diese Aufnahmen werden später in die Videos eingebunden. Und so entsteht im Laufe der Woche das Video, das am Sonntag um 11 Uhr auf unserem YouTube–Kanal gezeigt wird. Ist das wirklich ein Gottesdienst?
Doch, das ist ein Gottesdienst! In den E–Mails, die mich danach erreichen, wird das immer wieder deutlich: da sitzen Menschen in ihren Wohnzimmern, sprechen den Psalm mit, singen die Choräle, beten mit und hören einer Auslegung zu, die sie durch die Woche begleiten wird. An mancher Mail hängt ein Foto: ein Tisch mit einer Kerze und einem Laptop, auf dem der Gottesdienst läuft. Andere Mails erzählen davon, wie das ist: eine Woche lang einen Psalm täglich zu beten und zu bedenken. Doch, das ist Gottesdienst, was hier geschieht! Das spüre ich und das berührt mich!
Aufgrund dieser Mails schätze ich, dass es ungefähr 35 Menschen in unserer Gemeinde gibt, die keine andere Möglichkeit haben, einen Gottesdienst mitzufeiern — Menschen aus den „Risikogruppen“. Für diese Menschen nehme ich die Gottesdienste auf. Bei der Vorbereitung am Schreibtisch und bei der Aufnahme in der Kirche habe ich diese Menschen vor Augen. Die Zahl derer, die die Gottesdienste ansehen, ist dann letztendlich größer: Menschen in Deutschland, die sich unserer Gemeinde verbunden fühlen; Menschen im Mökki, die für den Gottesdienst nicht in die Stadt kommen würden; Menschen vielleicht auch, die zufällig auf dieses Angebot gestoßen sind und nun mitfeiern. Herzlich willkommen!
Was mir aber im Rückblick wichtig bleibt, sind die Mails und manchmal auch die Anrufe nach den Gottesdiensten. Selten erlebe ich den Austausch mit Gemeindegliedern so intensiv. Und so vertrauensvoll.
Nun morgen also der letzte Gottesdienst in dieser Reihe der Sommergottesdienste. Ein bisschen Wehmut ist in dem Gedanken. Es fällt mir schwer, jetzt nicht weiter zu machen. Aber in der kommenden Woche beginnt bei mir wieder die Reisetätigkeit und bei Matti laufen die Gemeindeveranstaltungen in Helsinki, der Konfirmandenkurs und der Religionsunterricht wieder an. Wir würden es nicht schaffen, weiter wöchentlich einen Gottesdienst aufzuzeichnen. So wird es die Online-Gottesdienste nun in größeren Abständen geben: Ein Videogottesdienst pro Monat — immer am ersten Sonntag um 11 Uhr. Das haben wir uns vorgenommen und denken, dass wir das gut leisten können.
Und was ich mir sehr wünsche: dass der Austausch bleibt und in den größeren Abständen nicht mit ausdünnt. Darüber würde ich mich freuen! Lasst uns in Verbindung bleiben.